NACHTSCHATTEN BDSM/Fetisch Film Festival
NACHTSCHATTEN BDSM/Fetisch Film Festival

Nachbetrachtung 2015

Hier nun meine persönliche „Nachbetrachtung“ zum diesjährigen NACHTSCHATTEN-Festival. Der Text basiert auf meinen Notizen und war eigentlich nur für mich als interner Reminder/Fazit gedacht, aber ich dachte, vielleicht interessiert es den einen oder anderen, wenn ich ihn veröffentliche, bzw. evtl. gibt es noch mehr Input für mich.

Groß zu Grübeln oder Nachzubesprechen gibt es ja anscheinend auch gar nicht, wenn man sich den großen Zuspruch und die positiven Reaktionen auf das diesjährige Festival anschaut, sowohl in persönlichen Gesprächen als auch per Email. Sprich im Großen und Ganzen würde ich beim nächsten Mal fast alles wieder so machen. 🙂
Wir haben auch schon einige Anfragen reinbekommen, so etwas in kleinerem Rahmen (z.B. Filmabend mit Erläuterung/Diskussionsrunde) auch an anderen Locations bzw. als Teil von anderen Events zu machen, evtl. sogar als kleines „Spin-Off“ in anderen Städten. Mal schauen, sobald etwas fest steht, wird es auf unserer Webseite und im Newsletter zu lesen sein.

Was ich allerdings nicht will, ist für nächstes Jahr alles umzukrempeln oder bombastisch zu erweitern im Sinne von „alles größer und mehr“. Stattdessen lieber das Festival an der einen oder anderen Stelle sinnvoll erweitern (wie z.B. dieses Jahr mit dem Bücherstand) bzw. noch einen gewissen Mehrwert zu bieten, aber ohne dass das auf Kosten der ungezwungenen „Wohnzimmeratmosphäre“ geht. Und auch wenn das Werkstattkino an einigen Tagen zum Bersten voll war, ist es für mich weiterhin die Location der Wahl.

Ein paar Betrachtungen/Kommentare zu einzelnen Punkten:

Publikum:
Hier war noch deutlicher als letztes Jahr zu sehen, dass wir wieder eine bunte Mischung von Menschen angezogen hatten: SM-Szene-Anhänger, Künstler, Eventveranstalter, Interessierte, Vanillas, alt, jung, Münchner und Leute die von weiter her kamen. Das hat mich sehr gefreut, v.a. da auch danach Austausch statt fand und Kontakte geknüpft wurden. Auch gab es keinerlei Probleme oder Ärger mit Leuten, weder an der Kasse noch im Kino oder danach, alles total entspannt (auch wenn wir den einen oder anderen mangels Platz mal wieder wegschicken mussten).
Interessant war für mich, wie die Leute auf das Festival aufmerksam geworden sind. Wir hatten im Vorfeld ja hauptsächlich auf Szene-affinen Events (Parties, Boundcon, Shops) Flyer und Poster verteilt bzw. das Festival in einschlägigen Online-Foren und BDSM-Kalendern beworben und eingetragen. Die Szene-Leute wussten also relativ gut Bescheid und waren v.a. in den ersten Tagen gut vertreten, trotz Parallelveranstaltungen wie dem „Torture Ship“. In der zweiten Hälfte bzw. bei den Wiederholungstagen nahm dann der Anteil an „regulärem“ Publikum zu, die z.T. über die Zeitungsartikel in der Süddeutschen und im „In München“ auf das Festival gestoßen sind. Zusätzlich gab es noch das Kino-Stammpublikum über den Werkstattkino-Newsletter.
Interessanterweise waren v.a. gegen Ende hin viele Leute dabei, die von dem Festival erst vor kurzem erfahren hatten, da war es anscheinend so, dass sich das in Nicht-Szene-Kreise während der Woche ziemlich rasant durch Mundpropaganda verbreitet hat.
Mal schauen, wie wir für nächstes Jahr diesbzgl. unsere Promotion-Strategie ausrichten werden (z.B. im Vorfeld mehr in den Mainstream-Medien aktiv sein), denn diese Mischung aus unterschiedlichen Leuten kam (fande ich) wieder sehr gut an…

Social Media:
Momentan ist neben Webseite/Newsletter unser Haupt-Kommunikationskanal Facebook, auch wenn mir diese Plattform aus verschiedenen Gründen nicht sonderlich gefällt. Auf FetLife, Sklavenzentrale, Joyclub, etc. erreicht man einige szene-affineren Leute zwar besser, allerdings nicht in dem Umfang wie auf Facebook, leider. Nächstes Jahr werde ich versuchen, ein oder zwei Helferlein zu organisieren, die den Teil mit Öffentlichkeitsarbeit/Social Media übernehmen bzw. mich da etwas entlasten können und die Seiten regelmäßig mit Beiträgen und Fotos füllen können.

Programm:
Letztes Jahr sind wir ja mit unserer Erstausgabe eher vorsichtig mit wenigen Filmen gestartet.
Die größten Wünsche nach dem Festival im letztem Jahr waren dementsprechend:
– mehr Festivaltage!
– mehr Filme!
– mehr Wiederholungen!
Also quasi mehr von allem! 🙂
Dieses Jahr haben wir nun 1 Tag länger gemacht als letztes Jahr.
Wir haben auch weit mehr Filme gezeigt, v.a. Kurzfilme, von denen viele auch als ergänzende Vorfilme zu einem längeren Film liefen, was sehr gut ankam.
Und wir haben darauf geachtet, möglichst jeden Programmblock einmal zu wiederholen, was auch großen Anklang fand.

Von daher soweit alles gut, ABER hier würde ich auch meinen persönlichen größten Verbesserungsvorschlag für nächstes Jahr anbringen:
Durch die engere Taktung der Filme bzw. dadurch dass die einzelnen Tage (v.a. am Wochenende) deutlich voller waren und noch der zeitweilige große Ansturm zwischen den Vorstellungen stattfand, ist leider die Diskussionsmöglichkeit oft untergegangen. Gerade bei etwas sperrigeren oder schwierigeren Filmen hätte ich gerne noch mehr Zeit gehabt, diese auch im Kino selber zu diskutieren, statt mit einer Handvoll von Leuten zwischen Tür und Angel.
Daher mein Plan für nächstes Jahr, es in zeitlicher Hinsicht noch etwas zu entzerren, z.B. früher anzufangen, um dann für die Interessierten noch 30 Minuten für eine von mir moderierte Diskussion im Kino selber zu haben. Das hätte für das Publikum denke ich einiges an Mehrwert, und auch als Feedback für die Filmemacher, v.a. wenn die vor Ort anwesend sind. Letztes Jahr hatten wir das ja bei „24/7“ mit Marina Anna Eich gemacht und bei „Der Unfertige“ mit Klaus Johannes Wolf, und es kam echt gut an.

Allgemein wurde beim diesjährigen Programm v.a. die Diversität gelobt, es war anscheinend für jeden was dabei, von eher zugänglichen Filmen wie „Love Hotel“ im Japan-Block bis hin zu eher speziellen oder persönlichen Portraits beim „Männerabend“. Überrascht hat mich, dass „die Nacht des (s)experimentellen Films“ so gut ankam, hatte da mit weniger Interesse gerechnet. „Kopfkino“ war wohl das Highlight dieses Jahr, gefolgt von der Fetisch-Kurzfilm-Nacht. Der Programmblock mit dem „Best of“ vom letzten Jahr kam aber auch gut an, evtl. machen wir das im nächsten Jahr wieder.

Der Wunsch nach „mehr Filmen mit dominanten Frauen“ wurde laut: okay, hätte ich nichts dagegen einzuwenden, aber wir sind natürlich davon abhängig, was es an guten/vorzeigbaren Filmen so gibt im jeweiligen Jahr. Wer also Filmtipps/-vorschläge hat (oder gleich selber etwas gedreht hat), immer her damit, unsere Festivaljury wird jede Einreichung gründlich prüfen.

Untertitel:
Wir haben dieses Jahr für *jeden* gezeigten Film mit Dialog/Sprache englische Untertitel gehabt, wobei ich die meisten davon selber in den Monaten davor selbst erstellt habe. Die Mühe war es aber wohl wert, denn es war wohl sowohl für die internationalen Gäste ein leichtes, den deutschen Beiträgen zu folgen, aber z.B. auch für Leute, die Englisch nicht als Muttersprache sprechen (sprich die meisten Leute im Kino) war es angenehm, bei englischen Filmen auch noch wortgenaue englische Untertitel zu haben, das hat das Verständnis enorm erhöht. Und auch bei Filmen mit starkem österreichischem Dialekt („Im Keller“) bzw. verhalltem Ton („Haftanlage 4614“) waren die englischen Untertitel auch für Deutsche eine Hilfe. Lediglich bei Kurzfilmen (z.B. „Taken“), die als ein visuell-akustisches Gesamtwerk rüberkommen, können die Untertitel evtl. den Sehgenuß etwas stören, aber im großen und ganzen war es ein ziemlicher Mehrwert, fande ich.

Reservierungen:
Ein weiterer Wunsch vom letzten Jahr war die Möglichkeit, Karten im Vorfeld zu kaufen oder zu reservieren.
Den rechtlichen und steuerlichen Aufwand für einen Vorverkauf wollte ich mir nicht aufhalsen, aber die kostenlose Reservierungsmöglichkeit auf der Webseite kam super an. Und ich denke, wir haben da ein sehr faires System gefunden, in dem wir nur ca. die Hälfte der Plätze zur Reservierung freigeben, die andere nur an der Abendkasse, und Reservierungen 20 Minuten vor Beginn der Vorstellung verfallen. Das werden wir auf jeden Fall nächstes Jahr wieder so machen.

Newsletter:
Auch unser Newsletter findet sehr guten Zuspruch und ist für viele wohl die beste Wahl, um über unser Festival bzw. dazugehörige Events auf dem Laufenden zu bleiben, denn nicht jeder ist bei Facebook oder FetLife aktiv. Allerdings dürfen Newsletter gemäß deutscher Rechtsprechung nur mit Double-Opt-In auf Webseiten angeboten werden (sprich der Empfang des Newsletters muss durch eine Bestätigungsemail noch mal bestätigt werden). Das ist inzwischen auch gängige Praxis im Internet und von uns auch so umgesetzt, trotzdem gibt es einige Leute (~60 momentan), die anscheinend nicht über diese Verifikationsemail hinwegkommen bzw. die diese gar nicht erreicht. Ausser dem erneuten Versender der Bestätigungsemail weiß ich auch nicht, was man da unternehmen kann.

Finanzen:
Wie schon mehrfach beim Festival erwähnt ist es von viel Enthusiasmus und Passion getragen. Trotzdem ist es dann natürlich schön, zumindest die Kosten für die effektiven Ausgaben (Flyer-/Posterdruck, Aufführgebühren, Kino/Vorführer) wieder über die Eintrittsgelder reinzubekommen, was auch passiert ist, von daher alles gut. Die Arbeitszeit für Vorbereitung, Programmzusammenstellung, Untertitel, Webseite, Werbung, etc. kriege ich nicht bezahlt, aber für nächstes Jahr sind wir dabei, evtl. in begrenztem Rahmen Sponsoren zu kriegen (wobei ich es natürlich auch nicht zu einer Kommerzveranstaltung verkommen lassen will). Auch an einer öffentlichen Kulturförderung sind wir dran, das würde die Ausgaben dann auch noch etwas entlasten.
Mehrfach wurde von euch eine Eintrittspreiserhöhung angeregt, denn das Münchner Kinopublikum ist sonst wohl auch bereit, 13 Euro oder mehr für eine Kinokarte zu bezahlen, da haben wir einige mit unseren 5 Euro ziemlich überrascht. Ja, das ist wirklich günstig, aber das ist der Werkstattkino-Einheitspreis das ganze Jahr über! Mal schaun, ich würde ungern an dem Eintrittspreis groß was drehen. Auch Crowdfunding im Vorfeld wurde angeregt.
Auf jeden Fall bleibt das mit der Finanzierung spannend und ein bisschen mehr Geld im Vorfeld zur Verfügung könnte uns natürlich auch das eine oder andere Schmankerl wie einen Preis oder ein Sonderevent finanzieren bzw. mir erlauben auch den Einsatz der jeweiligen Filmemacher ein bisschen zu honorieren oder mal Reise-/Übernachtungskosten für unsere Gäste zu zahlen.

Dauerkarte/Festivalpass:
Das wäre auch eine interessante Option: man zahlt einen Pauschalpreis und kann dann in jede Vorstellung rein. Müsste man aber aufgrund der wenigen Plätze im Kino doch wieder irgendwie organisatorisch in Griff kriegen, so dass da keiner enttäuscht wird. Hab es mir mal auf die Ideenliste für nächstes Jahr geschrieben.

Buttons:
Auch unsere Buttons waren dieses Jahr wieder sehr begehrt und es gab ja viele neue Farben und 2 neue Motive. „Bemängelt“ wurde die geringe Anzahl an Motiven für dominante Frauen. Aus der Not machen wir eine Tugend dachte ich mir, und will nächstes Jahr im Vorfeld eine kleine Design-Competition für Button-Motive machen. Die Ersteller der Gewinner-Motive kriegen dann eine Freikarte und ein hübsches Extra.

Filmbewertung und Auszeichnung:
Was ich neben Diskussionen auch für nächstes Jahr als sinnvoll erachte (v.a. als Feedback für die Filmemacher) sind kurze Bewertungsbögen, die (natürlich nur wer will) anonym nach der Vorstellung im Kino ausgefüllt und abgegeben werden können. Evtl. auch erweitert auf eine Online-Abstimmmöglichkeit.
Und wenn wir dann eh schon Bewertungen haben, dann könnten wir ja auch gleich einen kleinen Festivalpreis vergeben, z.B. für besten Kurzfilm, besten Film und beste Dokumentation oder so. Fände ich sehr spannend.

Eröffnungsfeier/Party:
Ebenfalls mehrfach nachgefragt wurde, ob es eine Möglichkeit gäbe, im nächsten Jahr entweder eine kleine Eröffnungsfeier mit Begrüßung und Umtrunk zu machen (nicht mal unbedingt im Kino) und/oder auch eine passende Party während des Festivals, z.B. nach einem Film. Da hätte ich schon Leute, die mit mir bzw. für mich das organisieren würden, und fände ich auch eine schöne Ergänzung im Rahmenprogramm des Festival. Evtl. sogar mit Erweiterung durch Kunstaustellung oder eine Live-Bondageshow, etc. Aber das ist noch Zukunftsmusik, steht aber auch auf meiner Ideenliste für nächstes Jahr.

Soweit also mein persönlicher und unverbindlicher Ein- bzw. Ausblick. Wenn ihr noch was an Anregungen, Wünschen, Verbesserungsvorschlägen oder Kommentaren habt, immer her damit an info@nachtschatten-filmfest.com.

Tobias Fleischer
NACHTSCHATTEN Festival-Organisator

München, Juni 2015

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